Das Ziel einer Ausschreibung ist, dass möglichst viele Unternehmen miteinander konkurrieren und dadurch der günstigste Lieferant ermittelt werden kann.
In der Regel finden Jahresausschreibungen ab November das Vorjahres statt, damit man das Ergebnis noch in den Haushaltsplänen des Folgejahres berücksichtigen kann.
Manche Ausschreibungen werden aber so dilettantisch verfasst , dass die Ausschreibung keinen Sinn ergibt
Drei der üblichen Fehler:
1) Es wird nur eine Grammatur angegeben
Als Qualität wird "80g/qm" angegeben. Damit werden einerseits andere Grammaturen ausgeschlossen und andererseits ist es auch keine Qualitätsangabe.
Jeder wird "das billigste Zeug" anbieten. In der Regel wird es dann neutrales "NoName" in wechselnden Qualitäten sein.
Qualität , Weiße, Laufverhalten , nachhaltige Herstellung .. all das spielt keine Rolle mehr , wenn "80g/qm" angegeben werden.
2) Es wird nur ein ganz bestimmtes Papier angegeben
Für "Marke X" gibt es einen Markeninhaber , der alleine die Preise vorgibt. Der Ausschreiber ist dem Markeninhaber faktisch ausgeliefert , da dieser auch bestimmen kann , wer seine Marke zu welchem Preis bekommt.
Gleichzeitig kann er sich auch vorbehalten , dass er bestimmte Aufträge ablehnen kann.
Der Markeninhaber gewinnt automatisch jede Ausschreibung für seine Marke. Entweder werden Mitbewerber automatisch ausgeschlossen , weil sie ja nicht die Marke führen , oder der Markeninhaber muss den Preis nur auf dem Niveau angeben, auf dem er normalerweise Vertriebe beliefert.
Schlaue Ausschreiber schreiben zur Qualität "vergleichbar mit Sorte X".
Dadurch wird wirklich eine Qualität angegeben , bei der die Grammatur aber keine vorrangige Rolle spielt.
Hinweis: Papierqualitätsstufen orientieren sich nicht an der Grammatur, sondern am Weißegrad.
3) Es wird eine Preisgarantie verlangt
Das ist eigentlich verständlich , da es nötig ist , um das Budget entsprechend zu planen.
Viele Ausschreiber orientieren sich aber an den Gepflogenheiten der "reinen Papierbranche" , die immer noch mit Jahresabnahmemengen rechnet, da sie Tonnageverträge mit den Papiermühlen abschließen.
Die Rahmenbedingungen sind also auf einen speziellen Bereich zugeschnitten: Papier-Großvertriebe.
Mischvertriebe bekommen längst keine Jahrespreise mehr , sind aber in der Überzahl längst schon genauso lieferfähig und leistungsfähig wie die reinen Papiervertriebe.
Jahresmengen zu kaufen und einzulagern , ist heutzutage kaum mehr möglich und schadet auch der Papierqualität. Die Lagerkosten sind zu hoch dafür und das Papier leidet wenn es zu lange gelagert wird.
Die Ausschreibungen sind also erneut nur auf Großvertriebe abgestimmt , die regelmäßig Frischware zugeführt bekommen . Gleichzeitig sind sie auch nur auf diese Lieferanten zugeschnitten, weil nur sie immer den gleichen Preis für jede Menge bekommen.
Alle anderen müssen je nach Menge immer wieder andere Preise zahlen
In der Masse werden Ausschreibungen daher nur durch Papier-Großvertriebe gewonnen , weil die Rahmenbedingungen so speziell auf sie zugeschnitten sind, dass andere die Teilnahme gleich ablehnen .
Was den Ausschreibern aber nicht bekannt ist .. jetzt aber wohl endlich zu Ohren kommen wird ist:
Mischvertriebe ,die von einem Großvertrieb beziehen , stehen immer in engem Kontakt zum Großvertrieb.
Bekommen beide die gleiche Ausschreibung , kann der Großvertrieb gleich schon an der Preisanfrage für diese Großmengen sehen , dass der Mischvertrieb an der gleichen Ausschreibung teilnimmt.
Der Großvertrieb kennt also seinen Mitbewerber und dessen Einkaufspreise. Ist er fair gegenüber seinem Mischvertriebskunden , sagt er, dass er auch daran teilnimmt. Der Mischvertrieb wird sich i.d.R. dann daraus zurückziehen.
Herrscht kein gutes Verhältnis zueinander , gibt er in der Ausschreibung einfach den Einkaufspreis des Mischvertriebes an. Dieser wird nicht "unter Einkauf" anbieten = der Großvertrieb wird gewinnen und der Mischvertrieb ist schon vorher abgeschlagen.
Die meisten Großvertriebe halten aber guten und fairen Kontakt. Dadurch machen sich nur noch Mischvertriebe die Arbeit , wenn die Ausschreibungen einen Gewinn in einem anderen Bereich erahnen lassen durch den sie notfalls auch "Papier unter Einkauf" anbieten können.
Ausschreibungen sind also durch spezielle Rahmenbedingungen und wirtschaftliche
Zusammenhänge kein Mittel, den günstigsten Preis zu ermitteln.
Am Ende spielen sie sich nur noch unter den vielleicht 10 "Großen" in Deutschland ab ... und die Preise sind durchaus bedeutend höher als wenn "Kleine" mitmischen würden.
Ganz private Einlassung:
Verwaltungsfachangestellte haben eine andere Ausbildung und Prioritäten als gelernte Kaufleute .
Als Kaufmann kann man oft nur den Kopf darüber schütteln , wie viel Geld man da eventuell sparen könnte, wenn man es anders angehen würde.
Da ich hier "Pro Einkäufer" schreibe , ein Tipp für Einkäufer der Privatwirtschaft , die keiner allgemeinen Ausschreibungspflicht unterliegt
Ausschreibungen sind aufwändig, das weiß ich.
- Schreiben Sie jedoch trotzdem quartalsweise aus, damit Sie von fallenden Preisen profitieren können.
Gleichzeitig gewinnen Sie viel mehr Teilnehmer.
- Geben sie allen Teilnehmern gleichzeitig eine "zweite Chance" , indem sie ihnen allen den günstigsten Preis nennen , den Sie bekommen haben.
Dadurch werden einige von ihnen noch einmal neu kalkulieren und Sie erhalten durchaus noch bessere Preise.
In normalen Wettbewerb ist der Markt transparent. Anbieter und Kunden können gleichzeitig sehen "wo sie stehen".
Der "Papiermarkt" ist aber völlig intransparent , da die "richtigen Preise" nur direkt miteinander ausgehandelt werden.
"Was im Internet steht" hat keinerlei Relevanz. Dort sehen Sie kurzfristig gültige Preise, die sich jederzeit ändern können. Bei größeren Mengen sehen Sie Lieferzeiten , die inakzeptabel für den normalen Bezug sind.
Mit meinen Mitteln entdecke ich sogar Niedrigpreise , die Ihnen verborgen bleiben - obwohl ich auch nur mit meinem privaten Rechner arbeite.
Sie möchten durch Wettbewerb bessere Preise bekommen. Dazu müssen Sie mit Ihren Lieferanten zusammen arbeiten und ihnen Informationen liefern.
Ist der Markt nicht transparent, müssen Sie ihn durchschaubarer machen. Nur so können Sie möglichst viel Geld sparen