Betrug bei Ausschreibungen ?

Betrug bei Ausschreibungen ?

Ungelesener Beitragvon Administrator » Fr 14. Okt 2016, 06:07

Auf den ersten Blick scheinen Ausschreibungen für den Ausschreiber transparent , sicher und vergleichbar zu sein.

Bei Ausschreibungen gibt es aber viele Wege , eine Ausschreibung zu gewinnen, ohne wirklich "den günstigsten Preis" anzubieten.

Einige Möglichkeiten sind illegal , andere sind jedoch völlig legal , jedoch zum Nachteil der Ausschreiber.

Illegale Möglichkeiten
Ich erwähne hier nur solche Möglichkeiten , die allgemein bekannt sind und auch immer wieder Grund für diverse Prozesse sind. Wer sie bislang trotzdem immer noch nicht kennt, soll durch sie vor ihnen gewarnt werden.

illegale Preisabsprachen
Vereinbaren Mitbewerber untereinander , vor einer Ausschreibung welchen Preis sie bieten werden, damit ein bestimmter den Zuschlag erhält , ist es eine "unzulässige Preisabsprache".

Als Ausschreiber bekommen Sie nur den Preis, der von den Anbietern vorher untereinander vereinbart wurde. Der "Gewinner" steht schon vorher fest.

illegale Preisanweisungen
Im "Bereich Papier" bestehen große Konzerngruppen , die untereinander nicht nur abhängig voneinander , sondern auch weisungsberechtigt sind.

Eine Papiermühle kann mehrere abhängige Vertriebsketten gründen , die das Verbot haben, der Papiermühle oder der anderen eigenen Kette Konkurrenz zu machen.

Innerhalb der Vertriebskette bestimmt der Vertriebskonzern dann wieder , zu welchen Preisen der einzelne Vertrieb anzubieten hat.

Offiziell , und auf den ersten Blick , sind sie jedoch Konkurrenten in der Branche.

Die Strukturen und Möglichkeiten dazu sind vorhanden. Man muss deshalb in Betracht ziehen , dass sie auch entsprechend genutzt werden könnten.

Die Aufdeckung und der Nachweis solcher Weisungen wird schwer bzw. unmöglich, da die Ketten international "gestrickt" sind.


legale Möglichkeiten

legaler Informationsaustausch
Innerhalb einer Lieferkette nehmen die Teilnehmer einer Lieferkette gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeiten an Ausschreibungen teil.
Auf diese Art können sie auch Informationen austauschen , mit welchem Preis sie einen Zuschlag oder keinen Zuschlag erhalten haben.

Gemeinsam kann man sich an den Preis heran tasten, der bei der nächsten Ausschreibung zum Erfolg führen könnte.

Innerhalb der Lieferkette besteht dann keine Konkurrenz mehr. Der "Erste in der Reihe" wird sowieso den Auftrag erhalten , auch wenn der "Nachfolgende" den Zuschlag erhält.

Nennen Sie das vielleicht auch eine "unzulässige Preisabsprache" ?
Nimmt man es genau, ist es das natürlich auch. Innerhalb der Lieferkette sind die Preise bekannt.
Dadurch , dass aber "Lieferkette gegen Lieferkette" bietet , ergibt sich aus dieser Preisinformation für Sie ein besseres Angebot. Jeder weiß , wo sein eigene Lieferkette steht und ist bemüht einen besseren Preis als die andere Kette zu bieten, um den Auftrag zu erhalten.

Diese Koordination ist also nur zu Ihrem Vorteil. Sie erhalten bessere Preise als wenn alle "oben anfangen" würden .. und Sie nur den "billigsten Hochpreis" nehmen müssten.

Dumpingpreis mit Hochpreis kombiniert
Im Jahr 2016 ist bekannt geworden , wie man Ausschreibungen legal gewinnen kann, auch ohne wirklich einen "Bestpreis" für einen bestimmten Bereich anzubieten.

Im bekannt gewordenen Fall gab es eine Ausschreibung für um die 400 Artikel. Als Zusatzvereinbarung wurde getroffen , dass alle anderen benötigten (und nicht in der Ausschreibung aufgeführten ) Artikel zum Einkaufspreis bezogen werden können.

Die Ausschreibung "rechnet sich" für den Anbieter , wenn er im speziell ausgeschriebenen Artikelbereich so viel Gewinn macht , dass er die anderen Artikel zum Einkaufspreis "weitergeben" kann, ohne darauf Gewinn kalkulieren zu müssen.

Eigentlich geht die Rechnung auch auf.

Der Ausschreiber bekommt seinen "Stammbedarf" zu einem festen Preis . Der Bedarf sollte bekannt sein. Der Bezug und die Abrechnung ist einfach. Der Etat kann einigermaßen fest kalkuliert werden.

Wenn der Ausschreiber festgestellt hat , dass der "Nebenbedarf" einen erheblichen Umfang hat, macht es auch nichts aus, wenn der Stammbedarf teurer als bei anderen Anbietern ist. Insgesamt "rechnet es sich für ihn" am Ende doch , weil er für die anderen Sachen ja keinen Aufpreis bezahlen muss.

Auch für den Anbieter geht die Rechnung auf. Seinen zu erwartenden Gewinn hat er auf den Stammbedarf kalkuliert. Den Rest "reicht er einfach durch" .

Er wird diese Ausschreibung also gewinnen, wenn Mitbewerber keine Gewinnkalkulation auf das gesamte Sortiment gemacht haben , sondern jeden Bereich einzeln betrachten.

Mischkalkulation ist immer wieder anzutreffen. So rigoros findet man es jedoch selten. Damit konnten die Mitbewerber wohl nicht rechnen. Da es nicht bekannt geworden ist , wurde der Lieferant auch über ein Jahrzehnt immer wieder "der Gewinner".

Danke für dieses Extrembeispiel einer Mischkalkulation !
Es bietet für beide Seiten Vorteile .. und wird wohl in Zukunft dazu führen , dass der "Stammbereich" immer knapper kalkuliert werden wird... zugunsten der Ausschreiber.


Dass es bekannt wurde, lag aber nur daran, dass der "Gewinner der Ausschreibung" aufgefallen ist, weil er auf das übrige Sortiment eben auf den Einkaufspreis doch noch etwas aufgeschlagen hat.

Warnung ...
Gehört die Lieferkette für das übrige Material , das zum Einkaufspreis abgegeben wird , zu einer einzigen Firmenzentrale , besteht die Möglichkeit, dass der Vorlieferant einen "Extra-Aufschlag" auf die Einkaufspreise erhebt, um dadurch trotzdem noch einen Gewinn zu erzielen.


Wer sich als Ausschreiber also auf so eine Vereinbarung einlässt, sollte die Einkaufspreise der Anbieter auch prüfen.
Es muss dabei nicht einmal von der (illegalen) Möglichkeit der "Extra-Zuschläge" ausgegangen werden.
Die Einkaufspreise der Firmen sind aber durchaus erheblich voneinander abweichend, so dass sich dadurch dann ein "anderer Gewinner" ergeben könnte.
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