Switch to full style
Antwort erstellen

Mangel an Papier

Sa 8. Jan 2022, 05:32

In den vergangenen Jahren war "Papierknappheit" eine Kuh, die immer wieder durch 's Dorf getrieben wurde, um Preiserhöhungen zu rechtfertigen oder weit im Voraus anzukündigen. Im Thema "https://papier.ratgeber---forum.net/viewtopic.php?f=12&t=271" hatten wir uns schon einmal damit befasst.

Seit 2020 ergaben sich jedoch wirklich Aspekte, die im Laufe der Zeit zu einem Mangel an Papier führen sollten.
Mit Beginn der Pandemie stellten viele Firmen den Betrieb ein. Es gab weltweite Lockdowns. Dadurch gab es kaum noch Verbräuche und es wurde auch nur wenig produziert. Angebot und Nachfrage schienen sich die Waage zu halten.

In der Folge zeichnete sich jedoch der erste Mangel bei Recyclingpapier ab:
Durch die Lockdowns wurde kaum noch Altpapier eingesammelt, das später recycelt werden konnte. Es fehlten also die zur Herstellung nötigen Rohstoffe.

2021 hatten sich die Weltwirtschaften wieder erholt und meldeten Nachholbedarf an
Durch die gebrochenen weltweiten Lieferketten, war es nicht möglich den schlagartig aufgetretenen Bedarf zu erfüllen. Es fehlte an Rohstoffen zur Produktion von neuen Waren. Gleichzeitig war der Bedarf aber so groß, dass er über die normalen Produktionskapazitäten ging.
Schon im Frühjahr begann eine Verknappung von Holz, dem Grundstoff für die Zellstoffherstellung. Zellstoff aus dem später Papier hergestellt werden sollte.

Wenn man ab jetzt eine Verknappung von Papier ankündigte, so war es keine der früheren Ankündigungen, die auf höhere Preise vorbereiten sollten. Es war einfach nur Weitsicht.

Im Herbst 2021 kam es dann wirklich zu einer ersten Knappheit an Papier. Im Winter ging es dann soweit, dass man kaum noch Papier bekommen konnte. Die Großlager waren leer geräumt. Was noch neu hereinkam, war schon Wochen vorher verkauft.

2022 schien alles wieder normal zu werden
Laut Aussagen der Lager gab es keinen Mangel mehr - aber ...

Es wurden Höchstmengen eingeführt

- maximale Bestellmenge pro Firma
Für eine einzelne Firma, die nur ihren eigenen Bedarf decken muss, wäre das ja ok gewesen. Für Vertriebe, die andere Firmen beliefern, ist so eine Maßnahme jedoch der GAU.

- maximale Liefermenge pro Auftrag
Auch hier wieder das Problem, dass man eine bestimmte Menge benötigt, aber nicht bekommt - selbst wenn es noch genügend hohe Lagerbestände gibt. Umgehen kann man das System nicht, da auf der anderen Seite Menschen sind, die natürlich mitbekommen, wenn man mehrmals in Folge an die gleiche Adresse liefern lassen will. Gleichzeitig ist es ein Leichtes, die EDV so einzustellen, dass sie eben so etwas erkennt und meldet.

- massive Preiserhöhung sobald man etwas benötigt
Erhöhte Preise für Kleinmengen + Staffelpreise für größere Mengen. Nur Stunden später ist alles ungültig. Aufträge für Staffelmengen werden abgelehnt und gnädigerweise kann man die Kleinmenge dann mit einem zusätzlichen Aufschlag von 25% doch noch geliefert bekommen.

Warum das alles ?
Es gibt nicht mehr genügend Papier, um den Bedarf sofort decken zu können. Die Begrenzungen sollen dafür sorgen, dass keiner seine eigenen Lager füllt, während andere nichts mehr abbekommen.

Gleichzeitig sieht es natürlich auch viel besser aus
"Lager leer" = Meine Schuld, ich habe nicht genug bestellt
"Höchstmenge überschritten" = Deine Schuld. Du wusstest es ja vorher. Du hast gegen die Regel verstoßen.
Die Schuldzuweisung kehrt sich also um.

Wenn Ihnen Ihr Händler sagt "es gibt kein Papier mehr", dann stimmt das auch. Wenn ein Großlager das Gegenteil behauptet - selbst aber Papier hamstert und nicht die bestellten Mengen ausliefert - dann ist der Aussage des Großlagers nicht zu trauen.

Es wird sich schnell herausstellen, ob die "Hamster-Lager" im Laufe des Jahres mit ihrer Taktik weiterhin Erfolg haben werden. Es kann schnell passieren, dass sie mit ihrer Taktik alle größeren Kunden verprellen und damit verlieren.

Die Händler werden weiterhin versuchen, aus allen möglichen Quellen Papier zu beschaffen. Ohne Rohstoffe gibt es jedoch keine Herstellung und ohne Herstellung fehlen die Lagerkapazitäten.
Der Bedarf ist allgemein gesunken. Viele Branchen können ihren Verbrauch jedoch nicht eingrenzen, sondern sind weiterhin auf die bisher üblichen Mengen angewiesen.
Der Mangel wird also weiterhin bestehen bleiben.

Re: Mangel an Papier

Fr 11. Mär 2022, 23:28

Die Lage Anfang März 2022
Man kann es fast schon mit einem kurzen Satz zusammen fassen: "Es gibt kein Papier mehr".

Mir persönlich sind Marken-Großlager bekannt, die seit Februar schon kaum noch etwas ausliefern können.
Im März wird "eventuell" eine einzige LKW-Ladung erwartet. "Vielleicht" bessert sich die Lage im April mal wieder.

Mir ist auch bekannt, dass es in einem bestimmten PLZ-Gebiet schon seit Wochen kaum noch Papier gibt.
Wer in der Region Kopierpapier braucht, muss nehmen, was noch vorrätig ist. Das sind nur noch ganz wenige hochwertige und teure Papiere.

"Im Internet kursieren ganz günstige Angebote, die auch keine Lieferprobleme haben" ?
Ja, die Angebote gibt es. Manche Kunden versuchen es auch, dort noch zu bestellen. In der Mehrzahl höre ich dann jedoch, dass die Bestellung gar nicht aufgegeben oder ausgeführt werden kann.

Manche Angebote haben jedoch auch versteckte Klauseln, die auf einen sehr viel späteren Lieferzeitraum verweisen und/oder eine Preisanpassungsklausel zum Liefertag beinhalten.

Wie können solche Angebote eigentlich zustande kommen und wieso wird geworben, auch wenn man nicht liefern kann ?
Hier muss ich mutmaßen und spekulieren.

1) Letztes Jahr wurde in weiser Voraussicht größere Mengen eingekauft
Die sich abzeichnende Knappheit war schon ab September zu sehen. Wer damals seine Großlager gefüllt hat, hat sie zu heute unschlagbar günstigen Konditionen bekommen und kann sie heute auch entsprechend günstig anbieten - und trotzdem noch einen sehr guten Gewinn machen.

2) Die Ware wird nur in kleinen Portionen abgegeben, um im Geschäft und im Gespräch zu bleiben
Eine Papierfirma gerät schnell in Vergessenheit, wenn sie nur noch leere Lager hat und daher nicht mehr für sich werben und/oder liefern kann.

Lohnt es sich, jetzt noch einen größeren Vorrat anzulegen ?
Eindeutig ja !
Sie machen sich von den Lieferproblemen unabhängig. Gleichzeitig sparen Sie sogar auch noch Geld. So teuer Kopierpapier heute schon ist .. die Preise werden schon in Kürze erneut steigen.

Lohnt es sich noch, Preise anzufragen und zu vergleichen ?
Es lohnt sich auf jeden Fall - aber nur, wenn Sie auch in der Lage sind, auf eine Lieferung mehrere Wochen warten zu können. Die Preisunterschiede werden jedoch nicht mehr so enorm wie früher sein. Erwarten Sie also nicht zu viel und seien Sie bereit, jederzeit sofort zuschlagen zu können.

Lohnt sich Lieferung auf Abruf noch ?
Das lohnt sich mehr denn je, aber Sie werden keine Anbieter mehr finden, die das mitmachen möchten.

Wann wird sich die Lage wieder ändern ?
Die Annahmen und Spekulationen darüber haben sich von "nach dem Sommer" auf "eventuell im Herbst" verschoben. Die Ersten mutmaßen auch schon, dass es dieses Jahr nichts mehr damit wird.
Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir wohl erst in einem Jahr zu einigermaßen "normalen Zuständen" kommen werden.

Nach aktueller Einschätzung wird es aber die nächsten Monate immer weiter bergab mit der Lieferfähigkeit der Hersteller gehen.
Der Krieg in der Ukraine spielt bei dieser Prognose übrigens (noch) keine Rolle.

Re: Mangel an Papier

Do 20. Okt 2022, 03:24

Die Lage Ende Oktober 2022

Rückblick März bis Ende Juni:
Vom 24. März bis Ostern waren die Lager der Papiergroßindustrie leer. Was noch ankam, war bereits vorher schon bestellt gewesen. Erstmalig seit über einem Jahrzehnt, wurden am 23. März schon die ab April gültigen Papierpreise durchgegeben und jede Order erfolgte unter neuen Bedingungen:

Extrem massive Preiserhöhungen
Es ging nicht mehr um halbe Cent pro Packung. Die Preise stiegen um bis zu mehrere Euro. Das günstigste Papier wurde teurer als es das teuerste vorher war.

Keine festen Lieferzeiten mehr
Lieferzusagen und Termine sind nicht mehr verbindlich. Wird ein Datum angegeben, kann die Lieferung auch bis zu mehrere Wochen später erfolgen.

Es gilt nur noch der Preis am Liefertag
Man bestellt für Preis X und wenn der Preis bis zur Lieferung gestiegen ist, muss man Preis Y zahlen. Aber man bekommt wenigstens noch eine neue Auftragsbestätigung und kann vom erteilten Auftrag zurück treten.

Unter solchen Bedingungen kann man den Handel und die Beschaffung von Papier natürlich gleich vergessen.
Und deshalb wurde es auch nicht so gemacht... sondern so:

Das Werk avisierte neue Lieferungen. Wenn die Termine innerhalb der Preisgültigkeit lagen, wurden die LKW-Ladungen bereits vorher gebucht und vergeben. Liegt das avisierte Datum nach einer Preisgültigkeit, wird mit diesen Ladungen nicht mehr gerechnet.

Realität:
"Ich brauche eine Palette." - "Für KW x ist ein LKW avisiert. Davon ist noch eine frei."
Die genannte KW war aber nicht einmal die Zusage, dass es dann auch eine Lieferung geben würde. Erst einmal konnte man dann noch bis zu einer Woche hinzugeben, weil die Speditionen auch ihre Probleme hatte.
Zusätzlich konnte es auch sein, dass eine Ladung sich verzögerte und gar nicht eintraf. Dann wurde die Lieferung eben automatisch auf die nächsten LKW gebucht.

Es wurde auch nicht mehr das Papier angeboten was man brauchte, sondern man fragte ab, welches Papier wann ankommen soll und das wurde dann verkauft.

"Angebot und Nachfrage regeln den Preis ?" Nur eine Illusion.
"Nimm was du bekommen kannst und zahl den Preis, der verlangt wird" Das war die neue Realität.

Die realen Lieferzeiten betrugen rund 3-4 Wochen. Wer nur ein ganz spezielles Papier haben wollte, musste bis zu mehreren Monaten warten.


Gegen Anfang Juli begann sich die Lage wieder etwas zu stabilisieren
Den Lagern war es gelungen, wieder Bestände aufzubauen. Ab einer bestimmten Woche gab es plötzlich keine "LKW in Woche X" mehr.
Wieso es ganz plötzlich überall wieder Papier gab, darüber kann man nur spekulieren.

Im Laufe des Sommers sinkt die Nachfrage jedes Jahr. Dadurch kann man wirklich problemlos weitere Bestände aufbauen, wenn die Werke weiterhin mit maximaler Kapazität produzieren.

Der Sommer und die Ferienzeiten sind nun vorbei.
Die Preiserhöhungen kommen wieder alle 2 Wochen herein. Das erste Anzeichen, dass Papier schon wieder schlechter zu bekommen ist. Für manche Marken erhöhen sich auch die Lieferzeiten schon wieder etwas.

Prognose:
Im Dezember werden viele wieder versuchen, "noch vor der Preiserhöhung" zu bestellen.
Die Mehrzahl der Einkäufer hat immer noch den früher typischen 3-Monats-Rhythmus im Kopf... den es aber seit diesem Jahr gar nicht mehr gibt.

Wenn all diese Einkäufer wirklich erst im Dezember ordern, werden wir erneut die gleichen Zustände wie Ende März haben.

Re: Mangel an Papier

Do 22. Dez 2022, 20:37

Der Dezember 2022 ist "gelaufen"

Viele Einkaufenden haben den Rat ihrer Händler befolgt und sich bereits rechtzeitig vorher versorgt. Dadurch hat sich die Nachfrage etwas entzerrt, sodass es im Dezember auch noch genügend Papier gab.

Dass die Werke mit der Produktion aber nicht hinterher kamen, merkt man daran, dass die ersten Marken schon im November "ausgefallen" sind. Avis an die Lager zum Ende des Jahres.

Um diese Marken zu ersetzen, griff man zu "parallelen Papieren".
Hier zeigte es sich natürlich, dass das auch keine Lösung auf Dauer ist. Wenige Wochen später waren auch die vergriffen. Die Avis für jene Papiere reichen jetzt aber schon bis Mitte Februar.
Noch handelte es sich nur um "Oberklasse-Papiere".

Vor ein paar Tagen ging es aber mit den ersten C-Qualitäten los. Mitte Januar sollen sie dann wieder an die Lager kommen.

Jetzt kommen aber vermehrt Sorten auf den Markt, die früher nur wenige haben wollten --> 70 Gramm-Papiere
Davon gibt es scheinbar noch so viel, dass die Preise dafür leicht gesunken sind. Sie werden endlich als das akzeptiert, was sie auch sind: Vernünftige und hochwertige Papiere.
Da es eigentlich immer Exoten waren, wird es wohl kaum besonders große Vorräte geben.

Die 75 Gramm-Klasse nimmt Fahrt auf
Aus Umweltgründen werden sie jetzt stärker nachgefragt - aber nur in den höheren Qualitäten. Problematisch ist, dass gerade diese Papiere zuerst "ausgefallen" sind.

Manche Einkaufenden haben vom Mangel an Papier aber bis jetzt immer noch nichts mitbekommen.
Seit ein paar Tagen laufen immer mehr Anfragen ein:
- Bitte ein Angebot. Wir wollen nächstes Jahr bestellen
- Jahrespreise mit festen Lieferzusagen
- Lieferzeiten nach Weihnachten ?

Als wäre es ein ganz normales Jahr wird einfach "nach Usus" weiter gearbeitet.
- Wochen vorher anfragen
- Lange Preisauswahlverfahren
- Zusicherungen für das kommende Jahr.

...

Liebe Leserinnen und Leser,
ich hoffe, dass Sie nicht auch dazu gehören. Falls doch, macht es nicht viel aus.
Sie werden neue Abläufe einführen und andere Anweisungen an die Lager erteilen müssen. Das dauert seine Zeit, aber dann läuft alles wieder rund.

Lassen Sie sich doch gerne einmal von Ihrem Händler helfen. Er führt vielleicht sogar individuelle Statistiken.

PS:
Ich kann einem Großkunden mit einer zweistelligen Zahl an Werken sagen, wann welches seiner Werke wann Bedarf hat und wie lange die Bestände noch reichen. Melden die Lager "reicht noch lange", kommt die Anforderung dann trotzdem fast auf den errechneten Tag genau.
Diese Vorhersage beruht übrigens nicht auf jahrzehntelanger Zusammenarbeit. Sie beruht nur auf "von Anfang an" sorgfältiger Kalkulation und Statistik und funktionierte schon nach wenigen Monaten einwandfrei.
Das kann Ihr Händler garantiert auch. Bitten Sie ihn einfach um etwas Unterstützung und trauen Sie ihm ruhig, dass er es vorrangig in Ihrem Sinne macht.


Ich wünsche Ihnen besinnliche Feiertage und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2023

Re: Mangel an Papier

Sa 4. Feb 2023, 15:03

Heute ist der 04. Februar 2023. Das "Hauptforum" ( unter https://ratgeber---forum.de ) feiert heute Geburtstag und auch zum Thema Papier gibt es einen Grund zum Feiern:

Die Hersteller haben es geschafft, alle "Mangelprobleme" irgendwie zu lösen.

Zwar
- wartet man auf bestimmte Marken immer noch manchmal mehrere Wochen
- wird es in manchen Großlagern immer noch knapp
- bekommt man nicht immer die Qualität, die man eigentlich haben wollte

aber insgesamt sieht die Lage, verglichen mit letzten Jahr, sogar fast schon rosig aus.

Weiterhin werden Sie aber mit einem Wunsch nach "Liefergarantien" für bestimmte Marken oder "Jahrespreisen" wohl oft auf Granit stoßen.

Falls Sie einen Handelspartner haben, der es Ihnen doch zusagen kann/möchte:
Die Preise für Papier sind seit Jahresbeginn im Sinken begriffen.
Beziehen Sie diesen Aspekt in Ihre Vertragsverhandlungen ein - oder - schließen Sie nur noch Verträge ab, die eine kürzere Laufzeit haben.
Antwort erstellen